Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Was jetzt auf Ihre Website zukommt

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Neue Gesetze stellen Unternehmen oft vor Herausforderungen. Insbesondere dann, wenn sie mit größeren Änderungen an bereits Vorhandenem verbunden sind. So geschehen bei der DSGVO – und so wird es auch mit dem neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) kommen.

Die neue Verordnung tritt Mitte 2025 in Kraft und betrifft quasi alle kommerziellen Website-Betreibenden. Da es bei Missachtung ggf. zu Strafzahlungen kommen kann, ist es unerlässlich, dass Sie sich mit diesem Gesetz auseinandersetzen.

Mit diesem Beitrag bieten wir Ihnen einen Einstieg in das Thema BFSG und Websites. Wir haben das Gesetz studiert, entsprechende Schulungen absolviert und so erarbeitet, was das Gesetz konkret für Website-Betreibende bedeutet, welche Änderungen notwendig sind und welche Chancen sich daraus ergeben.

ACHTUNG: Dieser Fachbeitrag ist keine verbindliche Rechtsberatung. Diese können Sie nur von ausgewiesenen Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erhalten. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen Einstieg in das Thema Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Kontext von Websites. Wir möchten mit diesem Beitrag ein Bewusstsein für das Thema schaffen. Wenn Sie dazu dringliche rechtliche Fragen haben, wenden Sie sich bitte an entsprechende Stellen.

TL;DR: schneller Überblick zum BFSG und Websites

Dieser Beitrag zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) behandelt die neuen gesetzlichen Anforderungen, die Mitte 2025 in Kraft treten und kommerzielle Website-Betreibende betreffen. Hier sind die wichtigsten Punkte:

  • BFSG?: Das BFSG zielt darauf ab, die Barrierefreiheit bestimmter Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, einschließlich Websites, Telekommunikation, Apps und Bankleistungen. Es ist das erste Mal, dass die private Wirtschaft zur Barrierefreiheit verpflichtet wird.
  • Betroffene Websites: Alle kommerziellen Websites sind betroffen, es sei denn, das Unternehmen hat weniger als 10 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro. Diese Ausnahmen gelten jedoch nicht, wenn Transaktionen auf der Website möglich sind. Darüber hinaus gilt das BFSG nur für B2C, nicht für B2B.
  • Anforderungen an Websites: Unternehmen müssen ihre Websites überarbeiten, um den neuen Standards zu entsprechen. Dies umfasst technische Aspekte und auch das Design muss ggf. angepasst werden. Zudem müssen Inhalte ggf. redaktionell überarbeitet werden.
  • Überprüfung der Barrierefreiheit: Tools wie Google Lighthouse können zur Überprüfung der Barrierefreiheit genutzt werden. Es wird empfohlen, sich detailliert mit den Anforderungen des BFSG auseinanderzusetzen und ggf. externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Fazit: Das BFSG sollte nicht als lästige Pflicht, sondern als Chance gesehen werden, mehr Menschen Zugang zu den eigenen Leistungen und Produkten zu ermöglichen.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein neues Gesetz, das Vorgaben zur Barrierefreiheit bestimmter Produkte und Dienstleistungen macht. Es handelt sich also nicht um ein reines Online-Gesetz. Inhaltlich bezieht es sich u. a. auf Dienstleistungen wie Telekommunikation, Apps oder Bankleistungen und auf Produkte wie Computer, Fahrausweis-Automaten oder E-Book-Reader.

Es tritt zum 28. Juni 2025 offiziell in Kraft und ist das erste Mal, dass die private Wirtschaft zur Barrierefreiheit verpflichtet wird. Dadurch entsteht für viele Unternehmen Änderungsbedarf. Wichtig dabei: Es handelt sich um keinen Guide mit bloßen Empfehlungen, sondern um ein bindendes Gesetz, das rechtlich gesehen umgesetzt werden muss.

Welche Websites sind vom BFSG betroffen?

Ab dem Moment, ab dem Sie digital auf Ihrer Website ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten, sind Sie vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen. Im Endeffekt gilt es also für jedes Unternehmen, das eine Website mit kommerziellen Zielen betreibt – was im Prinzip jede Unternehmens-Webseite sein dürfte.

Eine Einschränkung gleich vorneweg: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zielt ausschließlich auf den Schutz von Verbrauchern, also natürliche Personen, ab. Entsprechend ist nur das B2C-Geschäft betroffen, nicht B2B.

Wenn Sie also Endverbraucher vollständig von Ihrem Produkt oder Ihrer Leistung ausschließen, müssen Sie sich mit dem BFSG im Hinblick auf Ihre Website rein rechtlich gesehen nicht befassen. In diesem Fall sollte auf Ihrer Website diese B2B-Ausrichtung aber auch klar vermittelt werden – und es darf absolut keine Möglichkeit zum Kauf für Endverbraucher geben.

Aber auch für B2C-Geschäfte gibt es Ausnahmen, in denen Sie das BFSG nicht auf Ihrer Website umsetzen müssen:

Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro sind von der gesetzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Barrierefreiheitsstandards gemäß BFSG ausgenommen.

Diese Ausnahmeregel soll kleinere Unternehmen in Sachen Kosten und Aufwand entlasten. Doch auch von dieser Ausnahme gibt es wieder eine Ausnahme. Denn sobald es möglich ist, eine Transaktion auf der Seite durchzuführen – z. B. bei einem Online-Shop – spielen diese Grenzwerte keine Rolle mehr und es muss das BFSG zwingend umgesetzt werden.

Das hat einfach den Hintergrund, dass hier mit sensiblen Daten (persönliche Infos, Bankdaten etc.) gearbeitet wird, sodass die verpflichtende Barrierefreiheit zusätzliche Sicherheit für beeinträchtigte Menschen bieten soll.

Was bedeutet das BFSG für Webseiten von Unternehmen?

Grundsätzlich müssen die meisten Unternehmen Ihre Website gemäß des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes überarbeiten. Dabei gibt es leider keinen einfachen oder schnellen Weg und auch keine Abkürzung. Die Zeit zur Prüfung und für den Umbau muss investiert werden.

Aber: Wir plädieren dafür, dass BFSG nicht als lästige Pflicht, sondern als Chance zu betrachten. Denn laut dem Statistischen Bundesamt waren 2024 insgesamt 7,9 Mio. Deutsche schwerbehindert, was bedeutet, dass sie einen Behinderungsgrad von 50 % oder mehr haben. Das entspricht gerundet etwa 10 % unserer Bevölkerung.

Natürlich sind von diesen schwerbehinderten Menschen nicht alle insofern beeinträchtigt, dass sie auf eine barrierefreie Website angewiesen sind. Doch auch, wenn man diese Fälle rausrechnet, bleibt ein großer Teil unserer Bevölkerung übrig.

Das heißt: Es gibt eine Vielzahl an Menschen, die Sie mit Ihrem Angebot nicht erreichen, wenn Ihre Website nicht barrierefrei gestaltet ist. Es gibt also – neben dem moralischen Faktor und der gelebten Teilhabe – auch gewisse wirtschaftliche Faktoren, die dafür sorgen, dass eine barrierefreie Website immer eine sinnvolle Entscheidung für ein Unternehmen ist.

Was Sie jetzt an Ihrer Website prüfen und anpassen müssen

Eine lachende Frau mit körperlicher Beeinträchtigung ruft eine barrierefreie Website über Ihr Smartphone auf.

Im Folgenden stellen wir Ihnen einen Auszug aus den Punkten vor, die an einer Website dazu beitragen, dass diese barrierefrei ist. Achtung: Es handelt sich um keine vollständige Liste.

Vielmehr möchten wir nur einen Einblick geben, wie vielfältig die Auswirkungen des BFSG sein können. Wir erheben also ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn dafür ist das Thema zu komplex. Insgesamt gibt es über 50 Faktoren, die hier den Rahmen sprengen würden.

01. Barrierefreie Technik

Die technische Basis einer Website ist generell stark betroffen. Immerhin liefert sie die Grundlage für viele barrierefreie Funktionen. Dabei geht es u. a. um folgende Punkte:

  • Korrekte Headline-Auszeichnung nach H1–Hx Struktur
  • Deutliche Benennung von jeder Form von Formularfeldern
  • Das CSS muss eine sauber funktionierende 400 % Vergrößerung der Website ermöglichen
  • Die Textabstände müssen reibungslos anpassbar sein
  • Jede Form der Tonwiedergabe muss vollständig steuerbar sein
  • Der Text von Website muss um bis zu 200 % vergrößert werden können
  • Die Nutzerinnen und Nutzer müssen auch ohne Maus navigieren können, nur mit Tastatur über Tab und Shift + Tab
  • Alles, was blinkt, sich bewegt, animiert ist, muss gestoppt oder ausgeschaltet werden können
  • Ein eindeutiger Hinweis bei Formular- und Eingabefehlern ist notwendig
  • Das automatische Übernehmen von Infos sollte immer möglich sein, wenn die erneute Eingabe nicht zwingend nötig ist
  • Der HTML-Code muss sauber und frei von Fehlern sein

Das ist – wie bereits angekündigt – nur ein Auszug aus der Liste der vielen technischen Aspekte des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes. Positiv daran ist, dass einige Punkte davon schon heute zum guten Standard einer modernen Website gehören. Dennoch gibt es auf technischer Seite viel zu tun.

02. Barrierefreies Design

Das Design bestimmt grundlegend darüber, wie eine Website erlebt wird, wahrgenommen und genutzt wird. Entsprechend ist es nur logisch, dass auch dieser Bereich stark betroffen ist

  • Infos sollten nie bloß über Farben vermittelt werden
  • Nicht-Text-Inhalte müssen einen Farbkontrastverhältnis von 3:1 haben
  • Das Farbkontrastverhältnis insgesamt muss den Mindestanforderungen entsprechen
  • Bilder sollten keinen Text enthalten – abgesehen vom Logo
  • Jede Form von Animation oder Bewegung muss deaktivierbar sein
  • Es muss immer mehrere Möglichkeiten geben, zu bestimmten Unterseiten und Inhalten zu gelangen
  • Navigationslinks und das Layout müssen konsistent bleiben
  • Eine einheitliche Kennzeichnung von Komponenten mit gleicher Funktion ist nötig
  • Hilfeoptionen wie Support, Kontakt oder Chatbots müssen konsistent und vorhersehbar bleiben

Auch diese Liste ist wieder nur ein Auszug und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie gibt aber einen guten Einblick in die vielschichtigen Themen der Barrierefreiheit.

03. Barrierefreier Content

Zu guter Letzt betrifft das BFSG auch die redaktionelle Arbeit. Schließlich geht es darum, auch die Inhalte bestmöglich aufzubereiten und konsumierbar zu machen.

  • Video und Audio brauchen Untertitel sowie eine anklickbare Textabschrift
  • Jede Seite braucht eine klare Headlinestruktur von H1–Hx mit prägnanter Benennung
  • Die Inhalte müssen eine logische Reihenfolge haben
  • Anleitungen und Hilfestellungen müssen immer mehr als eine sensorische Fähigkeit ansprechen
  • Alt-Tags bei Bildern sind zwingend nötig, aber nur, wenn die Bilder einen Zweck haben
  • Auf Bildern sollte kein Text stehen
  • Jede Website braucht einen eindeutigen Seitentitel
  • Jeder Link braucht einen Ankertext, der den Zweck exakt erklärt

Viel davon gehört auch hier schon zu einer guten SEO-Praxis, entsprechend kommen im redaktionellen Bereich nicht allzu viele Neuerungen auf Sie zu, sofern Sie bisher nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Dennoch lohnt es sich, noch einmal genauer hinzuschauen.

Möglichkeiten zur Überprüfung der Barrierefreiheit Ihrer Website

Eine gute Möglichkeit zur Überprüfung der Barrierefreiheit ist z. B. Google Lighthouse. Diese Erweiterung prüft eine aufgerufene Website und wirft u. a. einen Accessibility-Wert aus, der einen guten Eindruck vermittelt, ob eine Website barrierefrei nutzbar ist.

Darüber hinaus möchten wir an dieser Stelle keine Tools namentlich empfehlen. Dafür sind sie alle zu unterschiedlich und man muss selbst schauen, welche zu den eigenen Bedürfnissen passen. Ohne exakte Prüfung wäre es darüber hinaus unverantwortlich, bestimmte Tools zu empfehlen, wenn noch nicht einmal genau klar ist, wie rechtssicher diese wirklich sind.

Was in jedem Fall hilft, ist, sich im Detail mit den Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes zu beschäftigen. Dafür gibt es spezielle Schulungen und auch weiterführendes Material im Web. Daraus können Sie sich eine Liste mit To-dos erstellen, die Sie anschließend händisch prüfen und umsetzen.

Generell wird es viel auf testen, optimieren und wieder testen hinauslaufen. Alternativ können Sie sich externe Hilfe hinzuziehen, sodass Ihre Website fremdoptimiert wird. Dadurch sind Sie auf der sicheren Seite, wobei Agenturen etc. für gewöhnlich keine Garantie für eine rechtssichere Umsetzung übernehmen können und werden.

Fazit zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Generell gilt, wie so oft im Online-Marketing: keine Panik. Die Änderungen sind insgesamt weniger gravierend als man womöglich befürchtet und mit ein wenig Know-how lässt sich vieles gut lösen. Dennoch ist es sinnvoll, das Thema zeitnah anzugehen und umzusetzen, damit man später nicht unter Druck gerät.

Wichtig ist dabei, die Barrierefreiheit nicht als lästige Pflicht zu sehen. Es ist eine Chance, um mehr Menschen Zugang zu Ihrer Leistung und Ihren Produkten zu ermöglichen. Für eine barrierefreie Zukunft und Teilhabe für alle.

forty-four prüft Ihre Website bezüglich des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG)

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – und was jetzt? Keine Sorge, wir lassen Sie nicht allein. Als erfahrene Digitalagentur begleiten wir Sie auf dem Weg zu einer barrierefreien Website. Die Basis dafür liefert im ersten Schritt eine kritische Prüfung Ihrer Website. Dafür kontrollieren wir die verschiedenen Aspekte genau und erarbeiten eine maßgeschneiderte Handlungsempfehlung. Ob wenige Überarbeitungen oder vollständiger Relaunch – wir schlagen Ihnen die passende Maßnahme auf dem Weg zur Barrierefreiheit vor und setzen diese auf Wunsch auch direkt um. Sprechen Sie uns einfach an!